Hundeknigge: Die Welt – ein großes Hundepissoir

Hauswände, Mülltonnen, Mauern, Fahrräder, Holzzäune, Autoreifen … manche Rüden haben gelernt, dass sie wirklich alles anpinkeln dürfen. Oft gehe ich an noch nass glitzernden Stellen vorbei – zumindest, wenn meine Hündin fertig mit schnüffeln ist. Und ich frage mich, was sich der zu dieser Senkrechtpfütze gehörende Hundehalter (Achtung, generische Maskulinum im gesamten Artikel in aktiver Verwendung) eigentlich so denkt, während er den Hund irgendwie so alles in der Welt anschiffen lässt. „Gnnihihi, Kacki wär jetzt schlimmer“, „Er sieht immer sooo lustig aus beim Brunzen. He. He.“, „Achja, Klopapier! Und Limo. Was war’sn noch. Genau, Spüli.“, „Pfff, ist ja nicht meine Hauswand“, „Alle meine Entchen, lüliilüliilüü“. Oder vielleicht auch "Oh nein, das hab ich zu spät gemerkt?"
Auch Pipi überall ist kacke
Die allgegenwärtigen Kothäufchen mitten auf Wiesenpfaden, Gehwegen oder gar privaten Einfahrten (ein Dank an die zuständigen Nachbarn) werden ja regelmäßig öffentlich thematisiert. Okay, scheinbar nicht oft genug, weil: besser wird’s irgendwie nicht. Immer öfter findet man die Stinkebömbchen – als ganz besonderes Geschenk an die Umwelt – in Tütchen verpackt. Nee klar, ist logisch, weil: so kann sich keiner mehr über Scheiße am Schuh beschweren. Nee klar. Ist leider nur nicht biologisch, denn Plastiktüten brauchen 100 bis 500 Jahre zum Zersetzen (Quelle: utopia.de).
A whole lotta pipi, Pippilotta
Aber zurück zum Pipi. Wo herrenlose Hundekacke selbst bei einem Großteil der Hundebesitzer selbst in Millisekunden Halsschlagadern anschwellen lässt, scheint Pipi irgendwie einen Freischiffschein zu haben. Wie kommt das? Im Kotfall kommen selbst die Menschen, die sich gerade heimlich vom dampfenden Häufchen ihres Lieblings wegstehlen wollten, beim plötzlichen Erblicken einer fremden Person meist dann doch noch mit beschämtem Blick ihrer Verantwortung nach. Beim Pieselregen ist das meist anders: Hundehalter, deren Rüden gerade allerhand Eigentum fremder Menschen ammoniakstrahlen, scheinen sich keiner Schuld bewusst zu sein und lassen den Hund noch weiter pullern, selbst wenn sie jemand dabei ungläubig beobachtet. Gefühlt ist das zumindest so.
Sachbeschädigung, Besitzstörung, Schadenersatz – die Rechtsfrage …
… kann ich hier nicht beantworten. Wird aber in Juraforen und auf Rechtratgebern ausgiebig diskutiert. „Ja, wenn da mal eeeiiiin Hund dran pinkelt, was ist denn daran sooo schlimm!“ Das ist klar wie Schoßbrühe: Wo ein Rüde hinpinkelt, markieren i.d.R. auch etliche andere drüber. Gerade Gemäuer können durch die Anreicherung mit Ammoniak auf lange Sicht Bauschäden davontragen (Quelle: verband-wohneigentum.de). Achtung, persönliche Vermutung: Andere Materialien verlieren sicher mit der Zeit ebenfalls den Kampf gegen die saure Seiche. Und da wären wir mal wieder bei Respekt und Rücksicht. Respekt vor dem Eigentum und Rücksicht für die Nasen anderer Menschen, die ungern dauerangepisst in ihren Wohnungen hocken. Oder müsste es heißen „… in ihren dauerangepissten Wohnungen …“? Wie auch immer. Es empfiehlt sich dringend, seinem Rüden – oder auch seiner Rüdin, denn auch manche Mädels heben fürs Pipi das Bein – klar beizubringen, wo nicht hingepinkelt wird. Das ist übrigens weder Tierquälerei noch ein gefürchtetes Studienfach.
Am Ende wird doch noch gegendert
„Hat die jetzt echt ,Rüdin‘ geschrieben?“ Jap. Rüdin, die ist eine liebevolle Wortschöpfung von Hundehaltern (m/w/d) für ihre Hündinnen, sofern diese zu den Exemplaren gehören, die beim Pullern ihr Bein heben. Ich habe so ein Exemplar. Zwar rauscht der Pipistrahl quasi fast senkrecht nach unten, allein aufgrund ihrer Körpergröße + bisschen Physik. Dennoch gilt bei uns „No Notdurft here“ an sensiblem Eigentum anderer. Es könnte sich ja trotzdem mal ein sehr ehrgeiziges Tröpfchen, das sich schon als Sieger beim olympischen Weitseichen wähnt, etwas zu horizontal und damit gen Material schwingen.
Also, Schluss mit dem Verharnlosen von Hundepfützchen – buuh, der kam flacher als ein Rüdenpipi vor der Pubertät! Und das mit Respekt und Rücksicht hab ich ja ausnahmsweise schon weiter oben geschrieben. Nehmt es euch bitte zu Herzen.
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Martina, Hundetrainerin bei Kläffer & Smart